1. Käsespätzle statt Antipasti
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07.04.2024

Käsespätzle statt Antipasti

Tourenbericht von der Ötztaler Skitouren-Hochroute Venter Runde (Ersatz für 'Valle Maira') anfangs März 2024.

Von Gina Fuchs, Pascal Gächter und Thomas Schöb I Fotos: Bogdan Gerya

Grande Finale

Dick eingepackt mit Sturmmaske, Skibrille und vielen warmen Schichten, steigen wir die letzte Steilstufe empor. Das Wetter ist an unserem letzten Tag auf der Venter Runde wechselhaft. Die Sonne drückt immer wieder durch den Nebel. Doch als wir das Gletscherplateau erreichen, scheint klar, dass wir den Gipfel sein lassen – zu schlechte Sicht und zu starker Wind am Südgrat. Wir begutachten den abenteuerlichen Klettersteig – unsere Route zurück ins Tal nach Vent. Er sieht gut machbar aus. Plötzlich reisst der Himmel auf. Zielstrebig steigen wir zum Skidepot auf und stehen kurze Zeit später auf dem zweithöchsten Österreicher, der Wildspitze 3768 m. Was für ein grandioser Abschluss nach dieser erlebnisreichen Woche!

6 Tage vorher

Bei Prachtswetter starten wir am Montag frühmorgens in Vent und steigen durch ein enges Tal zur Martin Busch-Hütte hoch. Auf unserer Eingehtour geniessen wir die schöne Landschaft und die ersten Schwünge im schon leicht sulzigen Schnee.

Am zweiten Tourentag stehen ein Hüttenwechsel und unser erster 3000er, der Similaun 3599 m, auf dem Programm. Bereits kurz vor Mittag stehen wir auf dem Gipfel, der Aufstieg ist leichter gefallen als erwartet. Hier profitieren wir das einzige Mal von einer bereits vorhandenen Spur. Die anschliessende Traverse über das Hauslabjoch 3283 m zieht sich. Bei immer schlechter werdendem Wetter bewundern wir die Ötzi-Fundstelle und ein wunderschönes Gletschertor. Bei dichtem Nebel erreichen wir das Rifugio Bellavista in Italien, mitten im Skigebiet. Schöne Aussicht haben wir keine, dafür erwartet uns auf 2860 m ein Hotel mit Saunalandschaft und allem Komfort.

Schneesturm

Am Mittwoch ist bei 50 cm Neuschnee, sehr angespannter Lawinensituation und immer noch schlechter Sicht klar: wir wählen den kürzesten Weg zur nächsten Hütte. Leider muss ein Gruppenmitglied die Tour hier aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Glücklicherweise ist ein einfacher Ausstieg via Skigebiet möglich. Der Rest der Gruppe macht sich auf den Weg. Es geht schleichend voran. Hier ist Teamwork gefragt: Immer jemand von der Gruppe kämpft sich einige Meter durch den vielen Neuschnee im flachen Gelände und ist froh, nach wenigen Metern den Lead an die nächste Person zu übergeben.

Auf den letzten paar Metern vor unserem Tagesziel, dem Hochjoch-Hospiz, beweist die Tourenleitung einmal mehr ihre Kompetenz, indem sie uns geschickt über den Sommerweg den letzten steilen Anstieg sicher zur Hütte führt.

Winter Wonderland

Heute steht eine Tagestour auf die Guslarspitzen 3147 m an. Wir spuren durch die frisch eingeschneite Landschaft und werden mit einem wunderschönen Ausblick belohnt. Von hier sehen wir die gesamte Route, die noch vor uns liegt, die weitläufigen und noch völlig unverspurten Gletscher. Jetzt würde nur noch fehlen, dass wir auch die einzigen Leute weit und breit wären. Doch das ist seit gestern Abend nicht mehr so: Wir haben vier Followers, die uns in der Hütte zwar den Platz neben dem Ofen, nicht aber das Spuren streitig machen.

Nach einer bombastischen Abfahrt geniessen wir die Jause auf der Sonnenterrasse und den Nachmittag in der Hütte. Wir spielen russische Kartenspiele, trinken Obstler und Weizenbier, bestaunen die fantastischen Fotos von unserem Touren-Fotograf, essen zu viel Kaiserschmarren, faulenzen…

Der nächste Tag wird ein Highlight dieser Woche. Uns wird die Ehre zu Teil, den Übergang zur Vernagthütte über den Fluchtkogel 3494 m zu spuren. Unser Weg führt durch die sehr eindrückliche Gletscherlandschaft der Ötztaler Alpen. Auf dem Gipfel bestaunen wir das prächtige Panorama. Dicht gefolgt werden wir von unseren vier Freunden, welche dank vorhandener Spur kurz nach uns auf dem Gipfel eintreffen. Zum Glück warnt Remigi auch sie vor der riesigen Wechte …

Auf der Vernagthütte geniessen wir das letzte Mal die Gastfreundschaft der österreichischen Hütten, welche keine Wünsche offenlässt: Bestellungen werden am Tisch entgegengenommen, Tellerservice oder Lunchpaket vom Morgenbuffet gehören nebst dem «ja freili!» zum Hüttenstandard.

Von hier starten wir in Richtung Wildspitze 3768 m, unserem Grande Finale.

Es braucht so einiges damit eine so unvergessliche Woche möglich wird. Ursprünglich geplant war eine Tourenwoche mit Antipasti im Valle Maira.

Ein riesiges Dankeschön an dieser Stelle an Petra Sigrist und Remigi Tschuor für das sagenhafte Alternativprogramm und die kompetente Leitung.